Geschichte der Kinesiologie
Ein Name fällt immer, wenn es um die Geschichte der Kinesiologie geht: Dr. George Goodheart, ein US-amerikanischer Chiropraktiker. Tatsächlich hat Dr. Goodheart den kinesiologischen Muskeltest entwickelt.
Über Jahrtausende hinweg hatten Ärzte in der westlichen Welt Muskeln lediglich als Teil der Anatomie betrachtet. Die gängige Meinung war, dass Muskeln Bewegungen ermöglichen. Während Forscher in China die Lehre von den Meridianen entwickelten, entdeckten Europäer dank der Renaissance erneut das Wissen der griechischen und römischen Antike.
Aufbruchsstimmung im 20. Jahrhundert
Im Zuge der industriellen Revolution verfeinerte man die Methoden der Medizin. Naturwissenschaften aller Art machten im 19. Jahrhundert riesige Fortschritte. Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die gesamte Welt zahlreiche Umbrüche, die unter anderem zu demokratischen Regierungsformen in den meisten europäischen Ländern führten.
Auch in der Medizin machte sich diese Aufbruchsstimmung bemerkbar. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche Entdeckungen, die heute die Grundlagen der modernen Medizin bilden. Gleichzeitig entwickelten weltoffene Mediziner auch Methoden, die wir heute zur Komplementärmedizin oder zur sogenannten Humanenergetik zählen.
Neue Richtung der Komplementärmedizin
Eine dieser Richtungen ist die Kinesiologie, deren Wurzeln in die Anfangsjahre des 20. Jahrhunderts zurückreichen. In Boston führte der US-amerikanische orthopädische Chirurg Robert Williamson Lowett zum ersten Mal Muskeltests bei Patienten durch, die von Polio oder anderen Nervenschäden gelähmt waren.
Doch erst Dr. George Goodheart verfeinerte den Muskeltest derart, dass er als Grundlage einer neuen Behandlungsrichtung dienen konnte. Bevor sich Goodheart den Fußstapfen seines Vaters als Chiropraktiker folgte, hatte er bereits eine interessante Karriere hinter sich.
Im Zweiten Weltkrieg war Goodheart als Mitglied der US-amerikanischen Luftwaffe in Frankreich und England stationiert. Im jungen Alter von 26 Jahren wurde er bereits Major. Weil er ein elektronisches Verfahren für den Abwurf von Bomben für das Kampfflugzeug Republic P-47 erfunden hatte, erhielt er den Bronze Star.
Nach dem Krieg übte er seinen Beruf gemeinsam mit seinem Vater George senior in Downtown Detroit aus. Bald erkannte er die Grenzen der Chiropraktik. Sie konnte zwar die Haltung korrigieren. Doch gegen verkrampfte Muskeln war diese Methode Machtlos.
Verkrampfungen schwächen Muskelgruppen
Dr. Goodheart beobachtete, dass Schmerzen von einem verkrampften Muskel mit einer Schwäche des gleichen Muskels auf der anderen Körperseite verbunden war. Wenn beispielsweise ein Schulter Muskel verkrampft war, erwies sich der entsprechende Muskel an der anderen Schulter als schwach.
Auf der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten entdeckte Dr. Goodheart Reflexpunkte, die die Osteopathen Dr. Frank Chapman und Charles Owen bereits 1937 beschrieben hatten. Sie vermuteten, dass die mangelnde Versorgung mit Lymphe für bestimmte Krankheitssymptome verantwortlich war.
Dank dieser Entdeckung konnte Goodheart eine Verbindung zwischen bestimmten Muskelgruppen und Organen herstellen. Heute gelten Chapman und Owen als die Entdecker der sogenannten lymphatischen Reflexpunkte.
Im gleichen Zeitraum untersuchte und beschrieb der Chiropraktiker Dr. Terrence Bennet die vaskulären Reflexpunkte. Er entwickelte ein Modell, die neurovaskuläre Dynamik, um Krankheiten durch verbesserte Durchblutung zu heilen. Die Stimulation der entsprechenden Reflexpunkte übt eine wohltuende Wirkung auf die Blutgefäße aus, die anschließend bestimmte Organe besser durchbluten.
Wichtige Reflexpunkte
Zusätzlich zu den neurolymphatischen und neurovaskulären Reflexpunkten beschäftigte sich Dr. Goodheart mit den Akupunktur Meridianen, die in der traditionellen chinesischen Medizin angewandt wurden.
Bei seiner Arbeit zeichnete er sich vor allem durch Hartnäckigkeit aus. Wenn er einen schwachen Muskel nicht stärken konnte, ruhte Dr. Goodheart nicht. Er suchte immer weiter nach möglichen Lösungen, bis sich ein Behandlungserfolg einstellte.
Ein weiterer Meilenstein auf dem Weg zum kinesiologischen Muskeltest war das 1949 veröffentlichte Buch Muscles: Testing and Function (Muskeln: Test und Funktion), das die Physiotherapeuten Henry und Florence Kendall geschrieben hatten. Dieses Paar leistete bahnbrechende Arbeit auf dem Gebiet der Physiotherapie, die damals noch nicht allgemein anerkannt war.
Neben den Reflexpunkten und Muskeltechniken beeinflussten Dr. Goodheart auch die Entwicklungen, die im Bereich der kranialen Osteopathie gemacht wurden. Mitte der 40-er Jahre verblüffte der Osteopath William Garner Sutherland seine Kollegen mit Begriffen wie ‚flüssiges Licht’ oder ‚Atem des Lebens’. Damals belächelten viele seine Theorie von der Bewegung der Schädelknochen und der Cerebrospinalflüssigkeit. Heute gilt Sutherland als ein Mitbegründer der Craniosacral-Behandlung.
In der Kinesiologie entwickelte Dr. Goodheart ein System, dass die gesamte Körperstruktur und auch die Organfunktion durch den Ausgleich von Muskeln beeinflussen konnte. Das war noch in den 60-er Jahren ein radikal neuer Ansatz. Damals hatten die meisten Ärzte noch nicht erkannt, dass zwischen Organen und Muskelgruppen Beziehungen bestehen.
Dr. Goodhearts System bildete eine Synthese aus der Arbeit seiner Vorgänger:
· Chapmans Punkte für die Lymphfunktion
· Bennetts Punkte für die Gefäßfunktion
· Goodhearts eigene Technik bei Muskelproblemen
· Craniosacral-Therapie nach William Sutherland
1964 gilt als das Geburtsjahr der modernen Kinesiologie. 1974 gründete er gemeinsam mit dem Chiropraktiker Dr. John Thie das ‚International College for applied Kinesiology’. Dieses Institut richtet sich in erster Linie an Mitglieder ärztlicher Berufe, die ein dementsprechendes Studium vorweisen können.
Verschiedene Behandlungsrichtungen
Dr Thie erkannte jedoch, dass alle Angehörige von Gesundheitsberufen von Erkenntnissen der Kinesiologie profitieren könnten. Bereits 1973 veröffentlichte er gemeinsam mit Kollegen das Buch Touch for Health. Diese Richtung der Kinesiologie wurde rasch auf der ganzen Welt populär.
In diesem Jahr versammelten sich sechs von Goodhearts Schülern regelmäßig in seiner Praxis. Im Lauf der Zeit bildeten sich daraus Lerngruppen, aus denen verschiedene Zweige der Kinesiologie hervorgingen. Das Treffen dieser Studiengruppenleiter wurde scherzhaft ‚Dirty Dozen’ genannt – das schmutzige Dutzend.
Dr. Alan Beardall entwickelte mehr als 250 verschiedene Muskeltests, die er in fünf Bänden von Lehrbüchern beschrieb. Sie ermöglichten es, einzelne Bereiche von Hauptmuskeln als funktionelle Einheiten mit isolierten Reflexpunkten zu behandeln.
Beardall betrachtete den Körper als einen Biocomputer, bei dem das Unterbewusstsein Daten auf binäre Weise verarbeitet. Tatsächlich können Nervenzellen Muskeln nur sperren oder entsperren – wie das Ja und Nein beim binären Code. Er betrachtete die einfache Information des Muskeltests als Schnittstelle der Energiesysteme. Dank zusätzlicher Informationen der Reflexpunkte kann man demnach das energetische Gleichgewicht des Körpers zuverlässig beurteilen.
Energetische Kinesiologie
Heute betrachten Kinesiologen den Muskeltest in erster Linie als Biofeedback. Sie testen meist nicht die Muskelfunktion an sich, sondern verbinden den Muskeltest mit Fragen.
Mittlerweile verstehen wir unter dem Überbegriff Kinesiologie eine Vielzahl verschiedener Behandlungssysteme. Anwenden lassen sich diese Techniken in praktisch allen Lebensbereichen, beginnend vom Gesundheitswesen über Leistungssport bis hin zum Management von Unternehmen. Weltweit wird Kinesiologie heute in mehr als 60 Ländern gelehrt und angewendet.
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