Geschichte der Cranio-Sacral-Therapie

Eine stetige Weiterentwicklung von Energiearbeit führte schließlich zur Cranio-Sacral-Therapie. Ihre Geschichte beginnt in den Vereinigten Staaten vor weit über 100 Jahren mit dem tragischen Tod von drei jungen Mädchen, die an Gehirnhautentzündung starben. Heute zählt diese Behandlung zu den sanften Methoden der Humanenergetik – ein Zweig der Komplementärmedizin, der zur Naturheilkunde gehört.

Desillusioniert mit konventioneller Medizin

Im Jahr 1864 verlor der amerikanische Arzt Andrew Taylor Still drei Töchter, die während einer Meningitisepidemie starben. Daraufhin wandte er sich von der konventionellen Medizin ab und suchte nach alternativen Methoden der Heilung.

Das führte dazu, dass er sich weltoffen mit zahlreichen Kulturen und Schulen beschäftigte. Er ließ sich von den Schamanen der Shawnee-Indianer ebenso inspirieren wie von Freimaurern, Spiritisten und Geistheilern. Dabei stand er mit beiden Beinen fest auf der Erde. Er gab sich nicht mit Hypothesen zufrieden, sondern akzeptierte nur, was er auch praktisch nachprüfen konnte.

Schule der Osteopathie gegründet

1892 gründete er die ‚American School of Osteopathy’ (amerikanische Schule der Osteopathie). Der Begriff Osteopathie setzt sich aus den griechischen Wörtern osteon (Knochen) und pathos (Leiden) zusammen. Mit manuellen Techniken zielte Still nicht darauf ab, Erreger von Krankheiten zu bekämpfen. Stattdessen beabsichtigte er, die Selbstregulierungskräfte des Körpers zu stärken.

Bahnbrechend war auch seine Ansicht, dass sich die Struktur und die Funktionen des Körpers gegenseitig beeinflussen. Laut still sind Bänder, Muskeln und Faszien gemeinsam dafür verantwortlich, dem Organismus eine optimale Struktur zu geben.

Anatomisches Wissen und geschulte Hände

Unbeweglichkeiten machte der dafür verantwortlich, die Durchblutung und damit die Versorgung der Nerven zu beeinträchtigen. Das führt demnach zu einer gestörten Funktion der Organe. Still glaubte, dass die subtile Wahrnehmung geschulter Hände und detailliertes, anatomisches Wissen Heilung bewirken können.

Sutherland und die Suturen des Schädels

Von 1898 bis 1900 studierte der Journalist William Garner Sutherland bei Still Osteopathie. Während der Ausbildung erschienen ihm die Nahtstellen (Suturen) von Schädelknochen wie Kiemen von Fischen. Er stellte sich vor, dass die Suturen sich ähnlich wie der Atem rhythmisch bewegen. Heute noch geht man davon aus, dass die Suturen nur bei Kindern und Jugendlichen beweglich sind. Der Grund: Sie ermöglichen das Wachstum des Schädels. Im Erwachsenenalter schließen sich die Suturen.

Allerdings gelang es Sutherland lange Zeit nicht, diese Hypothese zu beweisen – obwohl er sich nicht zu schade war, seinen eigenen Schädel in Experimente mit einzubeziehen. Nach langer Zeit gelang es ihm, feinste Bewegungen im Schädel zu erspüren. Anschließend fand er synchrone Bewegungen des Kreuzbeins.

Umstritten: Kraniale Osteopathie

Über Jahrzehnte hinweg entwickelte Sutherland die sogenannte kraniale Osteopathie. 1939 veröffentlichte er das Buch The cranial bowl (Die Schädelschale). Darin stellt er seine Theorie vor, dass die Schädelknochen ein Leben lang beweglich bleiben – ein Grundsatz der kranialen Osteopathie.

Insgesamt basiert Sutherlands Form der Osteopathie auf vier weiteren Grundsätzen:

1.     Gehirn und Rückenmark bewegen sich eigenständig.
2.     Die Cerebrospinalflüssigkeit bewegt sich innerhalb der Hirnhäute.
3.     Die Dura mater überträgt diese Bewegungen auf das Kreuzbein und die Schädelknochen.
4.     Das Kreuzbein zwischen den Beckenknochen kann sich bewegen.

Sutherlands kraniale Osteopathie wurde nie allgemein akzeptiert, weil viele Mediziner und Osteopathen die Bewegungen der Schädelknochen zu abenteuerlich fanden. Nicht hilfreich war für Anhänger der Naturwissenschaften die spirituelle Seite Sutherlands. Er bezeichnete den cranio-sacralen Rhythmus als ‚Atem des Lebens’ und nannte die Cerebrospinalflüssigkeit ‚flüssiges Licht’.

Upledger macht Cranio-Sacrale Therapie populär

Den Begriff Cranio-Sacrale-Therapie prägte der US-Amerikaner John Edwin Upledger in den 70er Jahren. Der Osteopath und Chirurg konnte die rhythmische Eigenbewegung des Cranio-Sacralen Systems während einer Operation an der Wirbelsäule mit eigenen Augen beobachten. Das inspirierte ihn dazu, die kraniale Osteopathie weiter zu entwickeln.

Rolle der Emotionen formuliert

Sein Beitrag bestand vor allem darin, Emotionen als Ursache für Spannungen und Bestandteil der Heilung zu begreifen. Upledger schrieb mehrere Bücher über Cranio-Sakrale-Therapie, in denen er die Methode und Behandlung detailliert beschrieb. Er ergänzte Stills und Sutherlands eher mechanistischem Ansatz mit dem Aspekt der Gefühle. Er erkannte, dass physische Spannungen der körperliche Ausdruck für belastende Erlebnisse sein können.

Osho-Anhänger lassen Behandlung schützen

Bhadrena C. Tschumi, eine Anhängerin von Osho (Bhagwan Shree Rajneesh) kombinierte Upledgers Cranio-Sakrale-Therapie mit Ansätzen von NLP und Hypnose und nannte ihre Behandlung Craniosacral Balancing. Geschäftstüchtig wie alle Osho-Jünger ließ sie diesen Begriff rechtlich schützen.

Dachverband für Therapeuten in Österreich

Dank Upledger hat sich Cranio-Sakrale-Therapie weltweit verbreitet. Seit den 80er Jahren bieten Therapeuten diese Art der Energiearbeit auch in Europa an. Richtig populär wurde Cranio-Sacral-Therapie jedoch erst ab der Jahrtausendwende. In Österreich überwacht der Dachverband für craniosacrale Körperarbeit die Ausbildung von Therapeuten (2).

(Noch) nicht in Sicht: Kostenerstattung

Trotz ihrer Popularität lässt die Akzeptanz der Cranio-Sakralen-Therapie in Österreich noch zu wünschen übrig. Das zeigt sich vor allem daran, dass gesetzliche Krankenkassen die Kosten der Behandlung nicht erstatten. Im Nachbarland Deutschland gibt es bereits einige gesetzliche Krankenversicherungen, die zumindest einen Teil der Behandlung übernehmen.

Quellen

(1) https://www.cranioschule.ch/fileadmin/files/Texte_zuCranio/geost.pdf
(2) https://www.cranio-austria.at/

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